Einfach geschmiedet


    Der Name des Meisters, der in der Tulaer Provinz wohnt und exklusive Messer produziert, ist kaum bekannt. Er führt ein ruhiges Leben und erforscht in aller Ruhe die Geheimnisse des Kalthämmerns. Sein Bestreben ist – seine Kenntnisse mit Menschen zu teilen und diese nicht zu verheimlichen, damit sie nicht verloren gehen, wie andere Geheimnisse der alten Schmiede. Er hat nichts Neues erfunden: „das haben die Meister früher auch gemacht“ – sagt er über seine Leistungen.

    Grauer moskauer Morgen... Vorne – dreihundert Kilometer der Straße mit Schlaglöcher und Reliktgeschöpfen, die seit uralten Zeiten auf Asphalt weiden. Und am Ende dieses Weges liegt das verlorene Dorf Michailowka, welches man beim Schlammwetter nur mit dem Traktor erreichen kann. Aber jede Straße hat ein Ende und gegen Mittag sehen wir nach der nächsten Kurve den Hof des Schmied-Naturtalents Viktor Kusnetsow. Das Schicksal dieses Menschen ist sehr interessant. Bis 1985 wohnte er im Fernen Osten, absolvierte die orientalische Fakultät der DWGU, war als Dolmetscher in der internationalen Seefahrt tätig und plötzlich war er „ins Dorf geflohen“. Er hat sich mit der Holzschnitzerin beschäftigt (man hat ihn im Dorf für seine Hände „Künstler“ genannt). Und er hat erkannt, daß es fast unmöglich ist, die nötigen Stichel zu kaufen. Da hat er versucht selbst im Ofen des Dampfbades diese herzustellen – und es hat geklappt. Seitdem ist er von dem Schmiedehandwerk begeistert.
    Wir sind angekommen und der Meister trifft uns am Eingang. Wir trinken Tee, führen langsam ein Gespräch, welches gleich zu Damaszener Klinge und zu anderen Legenden des Schmiedens übergeht. Die Frage über Stahlmarken entsteht von selbst. Gerade das berührt den Meister am meisten und das Gespräch verwandelt sich in Monolog:
    - Dem Schmiede stellt man immer eine Frage: „Aus welchem Stahl ist dieses Erzeugnis hergestellt?“ Diese Frage reizt mich, weil die ganze Meisterschaft des Schmiedens zur Suche nach dem passenden Stahl reduziert wird. Als Antwort folgen meine langweiligen Erklärungen, daß der Ausgangsstoff weniger bedeutet, als die Technologie. Wenn ein Stück Stahl zerbrochen und an drei Schmiede verteilt wird, bekommen wir der Qualität nach drei verschiedene Instrumente. Normalerweise überzeugen diese Erklärungen niemanden, alle sind sicher, daß nur die Stahlmarke von besonderem Wert ist. Ich sage das für die Schmiede, für die nicht nur die Abbildung auf der Oberfläche, sondern auch die Qualität ihrer Erzeugnisse wichtig ist. Bevor Sie mit verschiedenen Materialien, mehrschichtigen Damaszener und Gußdamaszener beginnen, erzeugen Sie ein einfaches geschmiedetes Mustermesser, und andere Produkte erzeugen Sie nur in dem Fall, wenn diese ihn nicht nur im Aussehen, sondern auch in der Qualität übertreffen. Das kleine geschmiedete Messer (Skinner) (Länge der Klinge 120-150 mm, Breite 35-40 mm, Dicke des Beilrückens 4-4,5 mm, Dicke des Randes 0,3 mm) hergestellt aus beliebigen kohlenstoffhaltigen Stahl, widersteht der Bruchbelastung bis 150 kg. ohne Restumformung. Bei größerer Belastung biegt er sich und beim Aufrichten ist er wieder zur Arbeit bereit. Rasiergeschliffen hackt er Knochen ohne die Schärfe zu verlieren, den Nagel hobelt er und beim Hacken des Nagels wird er stumpf (es ist besser den Meißel zu verwenden). Es ist nicht schwer, ein solches Messer zu schmieden, man muß nur die Gesetze des Schmiedens beachten.
    1. Regel
    Das Messer soll geschmiedet sein. Im Lehrbuch des Schmiedens (Ausgabe der 50. Jahre) steht geschrieben: „das Metall gilt als geschmiedet, wenn es der Dicke nach 8 mal reduziert wird.“ Um das Metall zu verdichten, spannkräftig und hart zu machen, muß man einen Stab (Schnitt 40x40 mm) nehmen und bis auf 5 mm niederlassen. Und wenn man eine Platte hat und eine Seite ist leicht zurückgezogen ist, muß man sehr gelassen sein, um ohne rot zu werden, zu erklären, daß dieses Stück geschmiedet ist.
    2. Regel
   Stahl soll nicht überhitzt werden. Bei 900°C und höher wachsen die Kristalle sehr schnell. Man kann diese Strukturänderung nur durch Glühen und Schmieden bei niedrigen Temperaturen beseitigen. Also soll jedes Metallstück mit Achtung, wie indischer Damaszener, im kleinen Temperaturbereich (850° – 700°) behandelt werden, ohne zu überhitzen.
    Ich würde vorschlagen, sich mit Damaszener zu üben, aber da dieser nicht immer bei der Hand ist, kann man am Anfang auch Messing schmieden, es ist dem Damaszener ähnlich und zerfällt bei der Überhitzung.
    Wenn wir logisch denken, können wir diese Regel so zusammenfassen – nach dem Schmiedeschweißen (1200°) sollen Sie das Erzeugnis wenigstens acht mal der Dicke nach niederlassen, sonst wird es brüchig, und Tausend weitere Schichten ändern da nichts.
    3. Regel
    Der Heizstoff soll kritisch ausgewählt werden, um den Inhalt des Schwefels im Stahl nicht zu vergrößern. Verwenden Sie Koks und Schmiederkohle (S-Inhalt = 0,4% und weniger) oder Gas und Holzkohle, welche überhaupt kein Schwefel enthalten.
    Versuchen sie diese Regel zu beachten und das Ergebnis wird bewundernswert. Nach dieser Einleitung möchte ich über meine Versuche erzählen.
    Einmal habe ich mir Gedanken gemacht, wie verändern sich die Eigenschaften des Stahls, wenn dieser nicht um acht, sondern um achtzig mal niedergelassen wird. Es war klar, daß es eine Kurve gibt, die diesen Vorgang charakterisiert. Es wird einen Punkt geben, der keine Verbesserung bringt und es wird noch einen Punkt geben, welchem die Zerstörung des Metalls folgt.
    Stahl mit hohem Kohlenstoffanteil und legierter Stahl ändert nach dem Schmieden (niederlassen um 8 – 10 mal) seine Eigenschaften fast nicht, und bei dem längeren Schmieden wird zerstört. Dieser Stahl besitzt schon alle Eigenschaften und es ist wichtig, das Metall durch Schmieden und Abhärten nicht zu verderben.
    Das Niederlassen des Mittelkohlenstoffstahls um 20-30 mal (C=0,65) verbessert Schneidfähigkeit und Festigkeit. Aber beim weiteren Niederlassen erscheinen Mikrorisse. Tieflegierter Mittelkohlenstoffstahl 30XC wird um 50-60 mal ohne Zerstörungsmerkmale niedergelassen. Der Summe aller Eigenschaften nach, ist das Ergebnis dieses Schmiedens besser, als legierter Hochkohlenstoffstahl.
    Jetzt einwenig über die Arten des Schmiedens.
    1. Methode
    (Niederlassen um 8-10 mal)
    Der Stab Ж30-40 mm, 300 mm lang soll bis 900° erhitzt werden, ein Ende soll dabei im Schraubstock festgeklemmt werden, das zweite Ende soll mit dem Schlüssel um die Achse des Halbzeuges gedreht werden. Die Zahl der vollen Umdrehungen beträgt 2/3 von der Länge des Stabs (wenn man diese in cm misst). In diesem Fall soll man 20 Umdrehungen machen. Bei dem ersten Erhitzen kann man bis 3 volle Umdrehungen machen.
    Das Anwärmen soll immer gleichmäßig sein und es soll nur das Ende des Stabs gedreht werden (ohne andere Strecken zu berühren). Wenn das Stab nicht gleichmäßig angewärmt ist, so wird nur die erhitzte Strecke leicht gedreht. Nach der Arbeit am Schraubstock soll der Stab jedesmal gerichtet werden, während dieser noch warm ist. Wenn Sie einen Quadratblock genommen haben, schlagen Sie diesen bis zu einem achtflächigen, drehen Sie einmal um und glätten Sie ihn zu einem runden. Wenn es nicht gemacht wird, erscheinen beim weiteren Schmieden die Kalthärtungen. Nach dem Umdrehen wird der Stab zerteilt, sie bekommen 2 Halbzeuge je 15 cm lang. Das Halbzeug soll leicht plattgedrückt werden und mit dem scharfem Ende des Hammers geschlagen (90° zur Linie des Zusammenbindens von beiden Seiten). Der nichtgedrehte Teil des Halbzeuges wird zu Schußzeug. Dann glätten Sie die Platte; bei der Dicke von 6 mm bilden sie die gewünschte Form mit der Toleranz um 0,5 mm.
    2. Methode
    (Niederlassen um 20-30 mal)
    Der Stab von 150 – 200 mm soll wie im ersten Fall (A) gedreht werden, dann soll dieser auf Stirnseite gestellt und zu Pastille auf 10 mm (B) niederlassen werden. Dann soll eine Öffnung drinnen gemacht werden und dieser Ring wird zerteilt (C) und zur Linie geschlagen (D). Das Stück wird so geformt: die gedrehte Außenseite wird zur Klinge und relativ weicher mittlerer Teil – zum Klingenrücken.
    Beim Niederlassen achten Sie immer auf die Passform des Stabes, um Kalthärtungen zu vermeiden, dabei schafft die Außenseite (kohlenstoffreich und durch Umdrehen verstärkt) die harte Klinge.
    Diese Methode ist interessant, weil sie den Effekt des Schweißdamaszeners erreicht. Insbesondere, wenn wir nicht Stahl, sondern altes Eisen verwenden – dabei sättigen wir die Oberfläche mit Kohlenstoff, härten bei der hohen Temperatur, dann lassen bei 800° nieder.
    3. Methode
    (Niederlassen um 30-60 mal)
    Zuerst wird das Stahlstück wie kaltes Plastilin weich gemacht. Der Stab wird von einem Ende niederlassen, aber nicht zu Pastille, sondern zum Block. Die Bearbeitung des Stahlstücks hat folgende Stadien: A, B, C.
    Dann wird der Block gedreht und weiter kann man entweder die erste, oder die zweite Methode wählen. Nach solchem Aufwärmen wird der Stahl formbar und ist leichter bei denselben Temperaturen mit dem Hammer zu bearbeiten. Die Spannkraft und Festigkeit wird mit der Dichte erhöht, d.h. proportional der Schmiedzeit. Aus einem Stahlstück habe ich zum Vergleich zwei kleine Skiner erzeugt. Einen nach der Methode A (Niederlassen 8 mal), den zweiten nach der Methode C (Aufwärmen – drehen – niederlassen von der Ende zu Pastille – niederlassen um 52 mal). Bei der Dicke 4,5 mm federn beide Messer bei der Belastung von 150 kg., aber beim Hacken von Knochen (Geweih des sibirischen Edelhirsches) wird der erste deformiert, und der zweite hackt und bleibt scharf.
    Je länger das Schmieden dauert, desto schonender soll das Härten sein. Vor der Härtung kommt unbedingt das Glühen (lassen Sie die Klingen die ganze Nacht in glühenden Kohlen), damit vermeiden Sie die Risse und das Verbiegen der Klinge nach der Härtung. Der Vorgang ist sehr kraftraubend, fast genauso, wie mit dem Schweißdamaszener, aber die Ergebnisse sind stabiler, die Wahl des Materials und der Prozess des Härtens ist günstiger.
    Als Ergebnis – erhalten Sie ein weiches Messer (ca. 56 HRc), welches sich leicht schärfen läßt. Das Messer ist auch spannkräftig – bleibt lange scharf; biegsam – bricht bei niedrigen Temperaturen nicht; fest – man kann es nur im Schraubstock brechen.
    Einige Ratschläge:
    Schmieden Sie das Messer immer 10-15 mm länger, als Sie benötigen. Dieser Rest wird nach der Abhärtung im Schraubstock abgebrochen und der Struktur und dem Bruch nach sehen Sie gleich, was für ein Erzeugnis sie hergestellt haben.
    Es ist besser, das kleine Stahlstück langsam zu wärmen: zuerst an den Rand legen, und dann zum Hitzezentrum schieben. So entstehen fast keine Risse.
    Das Schmieden bei niedrigen Temperaturen verlängert den Vorgang, weil die Arbeit an einem Messer manchmal 10 und mehr Tage dauert, d.h. sie sollen es 10 Mal glühen (lassen sie das Messer für die ganze Nacht in glühenden Kohlen). Nach jedem Glühen besichtigen sie das Halbzeug, und wenn es Risse gibt, schleifen Sie mit Sandpapier.
    Führen Sie vor dem Härten das Glühen durch. Das Härten ist lieber auf den nächsten Tag zu verschieben, sonst verlieren Sie das Stück. Die Holzkohle brennt im Schmiedeherd. Dafür brauchen Sie trockenes Holz der harten Holzart. Sie machen einen Kohlenmeiler, nachdem das Holz brennt, wird dieser niedergedrückt, damit keine Lücken entstehen. Dann wird er mit der Baumrinde abgedeckt und mit Wasser bespritzt. Wenn die Baumrinde verbrannt wird, verwandelt sich Holz zu Kohle. Die Arbeit ist zyklisch: 2 – 3 Zyklen pro Tag. Dies ist auch besser so – in dieser Zeit gibt es immer Schlosserarbeit und das Mittagessen darf nicht ausfallen.
    Und letzter Ratschlag: Geben Sie ein Fehlprodukt nie heraus – die Festigkeit des Messers muss getestet werden. Schlagen Sie 2 Mal jede Seite gegen den Anboß und hängen sie auf dem Messer, dabei soll 5 cm des Messers gehalten werden (man kann das Messer zwischen der Tür und dem oberen Querbalken des Türrahmens einstecken). Diese Prüfung ist nicht hart, sondern minimal. Es ist natürlich schade, wenn die Klinge bricht, aber es ist schlimmer, wenn diese während der Jagd bricht.
    Im Gespräch vergeht die Zeit sehr schnell, wir müssen uns schon auf den Weg machen. Wir haben uns zu beeilen, um rechtzeitig Moskau zu erreichen. Und das Haus des Meisters bleibt sehr weit, im Gebiet von Tula. Und dieser Meister kann es sich leisten, folgendes zu sagen: „Meine Hauptregel ist es – nichts in Eile zu machen. Die letzten 16 Jahre habe ich gelernt zu schmieden. Jetzt möchte ich lernen, kaukasischen Damaszener zu erzeugen. Vielleicht erzähle ich (und zeige) in 10 Jahren, was ich erreicht habe“.